Schon lange hatten wir den Plan gehabt, Sizilien zu besuchen. Im September 2014 bot sich endlich eine günstige Gelegenheit.
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Am 26.09.2014 geht es los. Der Flug von Düsseldorf-Weeze nach Palermo soll erst am nächsten Tag starten; die Abflugzeit ist jedoch so früh am Morgen, dass wir am Flughafen übernachten müssen um den Flug überhaupt zu erreichen.
Früh morgens am Flughafen Weeze |
Spät abends fahren wir also nach Weeze und beziehen ein Zimmer im Airport-Hostel. Auf dem Gelände des Flughafens Weeze befand sich bis in jüngerer Vergangenheit ein Stützpunkt der britischen Streitkräfte. Das Gebäude des Hostels gehörte offenbar mit zu dieser Anlage, entsprechend zweckmäßig und nüchtern ist die Einrichtung. Nach einer kurzen aber erholsamen Nacht stehen wir am nächsten Tag bereits weit vor Anbruch der Dämmerung auf und gehen zum Terminal.
Blick auf die Chiesa di San Domenico |
Zu dieser frühen Stunde sind noch kaum andere Passagiere unterwegs. Schnell haben wir Check-In und Sicherheitskontrolle hinter uns gelassen und nehmen im Wartebereich Platz. Wenig später beginnt das Boarding und wir nutzen den mehr als zweistündigen Flug um noch ein wenig Schlaf nachzuholen. Am frühen Vormittag erreichen wir Palermo.
Straßenmarkt Mercato della Vucciria |
Der Himmel ist leider auch hier nicht wolkenlos, doch mit knapp 30°C ist die Temperatur deutlich angenehmer als in Deutschland. Direkt vor dem Flughafenterminal steht erfreulicherweise schon ein abfahrbereiter Bus in die Innenstadt. Die Fahrt dauert noch einmal knapp eine Stunde, doch immerhin können wir unterwegs einen ersten Blick auf das Mittelmeer erhaschen.
Im Altstadtviertel Capo |
In Palermo werden wir direkt vor dem Bahnhof hinaus gelassen. Es ist zu früh um im Hostel einzuchecken und so brechen wir zu einem Spaziergang durch Palermo auf. Vom Bahnhof folgen wir der Via Roma in Richtung Altstadt. Bald erreichen wir die Kirche San Domenico, die mit ihrem palmengesäumten Vorplatz ein exotisches Fotomotiv abgibt.
Straßenmarkt auf der Via Sant' Agostino |
Das Innere des Gotteshauses ist hingegen nicht ganz so fotogen, der Putz bröckelt und die Deckengewölbe weisen Feuchtigkeitsschäden auf. Direkt an die Kirche schließt sich das Altstadtviertel Vucciria an. Die Straßen sind eng und schmutzig, die Häuser erwecken zumeist einen maroden Eindruck. Grade das macht aber auch den berühmten morbiden Charme Palermos aus.
Kirche des Klosters Sant' Agostino |
In einer der Seitenstraßen ist ein kleiner Markt aufgebaut, der Mercato della Vucciria. Wir schlendern zwischen den Fisch- und Gemüseständen entlang und genießen die Kulisse. Direkt an Vucciria grenzt ein weiteres Altstadtviertel namens Capo an. Quer durch dieses Viertel verläuft die Via Sant' Agostino, die ebenfalls von Marktständen gesäumt ist.
Am Teatro Massimo |
Verkauft werden in erster Linie Alltagsgegenstände. Das Gedränge ist dicht, trotzdem quetschen sich immer wieder die berüchtigten Vespas durch die Menschenmassen. Wie in der gesamten Altstadt Palermos sind die meisten Häuser alt und äußerlich ungepflegt. Zwischen den Wohnhäusern entdecken wir immer wieder an den überraschendsten Stellen kleine Kirchen.
Auf der autofreien Via Maqueda |
Viele davon sind abgesperrt und im fortgeschrittenen Stadium des Verfalls, andere werden oder wurden offenbar in Wohnhäuser umgewandelt. Einige der kleineren oder größeren Kirchen werden jedoch noch genutzt, so auch die Kirche des Klosters Sant' Agostino das außerdem in seinem wunderbar ruhigen Innenhof eine willkommene Pause vom Trubel auf dem Markt bietet.
Die Quattro Canti |
Nachdem wir der Via Sant' Agostino bis zum Ende gefolgt sind, gelangen wir irgendwann über ein Gewirr kleiner Seitenstraßen zum Theater von Palermo. Das so genannte Teatro Massimo gelangte als Kulisse im dritten Teil der Paten-Trilogie zu größerer Bekanntheit.
Piazza Pretoria mit dem gleichnamigen Brunnen |
Die breite Via Maqueda direkt vor dem Teatro ist wegen des Wochenendes für den Autoverkehr gesperrt und wird von Passanten bevölkert. Wir folgen dem Strom der Menschen bis zur Kreuzung Quattro Canti. Hier treffen die vier wichtigsten Viertel der Altstadt aufeinander. Außerdem ist ein weiteres Wahrzeichen, die Fontana Pretoria nicht weit entfernt.
Im Innenhof des Rathauses |
Wir statten auch dem angrenzenden Rathaus einen Besuch ab und bewundern danach ebenso wie die meisten anderen Touristen das gelungene Ensemble der Piazza Pretoria. Über eine kleine Stichstraße gehen wir zur Piazza Bellini weiter. Aus der Zeit der normannischen Herrschaft hat dort die kleine Kirche Chiesa di San Cataldo bis heute überlebt.
Chiesa di San Cataldo |
Mit ihrem normannisch-arabischen Stil sticht sie unter den zahlreichen Kirchen Palermos hervor. Ihr Inneres ist zwar beinahe schmucklos, aber die ausdrucksstarke Architektur lässt uns an die Kirchen Georgiens denken. In einem nahen Straßencafé stärken wir uns mit einer sizilianischen Spezialität: Arancini.
Arancini zum Mittagessen |
Der Name bedeutet "Orange" und genau daran erinnert das Aussehen der frittierten und mit Fleisch, Käse oder Gemüse gefüllten Reisbällchen auch. Die Uhr zeigt inzwischen frühen Nachmittag und wir beschließen, im Hostel einzuchecken und dort zumindest unser Gepäck abzulegen. Die Pause im Hostel wird am Ende länger als geplant, doch am späten Nachmittag brechen wir noch einmal in die Altstadt auf.
Kathedrale von Palermo |
Vorbei an den Quattro Canti gehen wir zur Kathedrale von Palermo. Unterwegs kaufen wir an einer kleinen Bäckerei Scaccie, eine sizilianische Variante der Pizza. Die genießen wir im Park vor der Kathedrale, bevor wir das reich geschmückte Innere des Gotteshauses erkunden.
Mittagslinie in der Kathedrale |
Auffällig ist die Mittagslinie, die einst zum Eichen der Uhren in der Stadt diente. Heute beeindrucken vor allem die kunstvoll gestalteten Tierkreiszeichen entlang der in den Kirchenboden eingelassenen Linie. Von der Kathedrale aus lassen wir uns ziellos durch zahllosen kleinen Gassen Palermos treiben und kommen schließlich am Hafen aus.
Canolli - Eine sizilianische Spezialität |
An einem kleinen Café dort gönnen wir uns einer weitere sizilianische Spezialität: Canolli, mit einer Ricotta-Creme gefüllte Biskuit-Röllchen. Wieder in der Innenstadt führt uns unser Weg vorbei an der Kirche La Martorana, deren angeblich einst unvergleichlich harmonisches Inneres durch barocken Schmuck verunstaltet wurde.
Einkauf auf dem Mercato di Ballarò |
Wir werfen einen raschen Blick ins Innere und gehen dann zum Mercato di Ballarò weiter, dem ältesten Markt Palermos. Bevor auch die letzten Marktstände abgebaut werden decken wir uns mit Oliven, frischem Obst und einer guten Flasche Wein fürs Abendessen ein, dann schlendern wir zum Hostel zurück. Während wir unser Mahl auf einem der kleinen Balkons des Hostels genießen gesellt sich Mario zu uns.
Abends an der Piazza Pretoria |
Der gebürtige Sizilianer ist beruflich inzwischen auf dem italienischen Festland tätig, kehrt aber regelmäßig in Palermo in diesem Hostel ein um Freunde und Verwandte in der Stadt zu besuchen. Wir unterhalten uns bis weit nach Anbruch der Dämmerung über Land, Leute und kulinarische Genüsse in Italien und Sizilien.
Rückweg zum Hostel |
Irgendwann bricht Mario in die Stadt auf und auch wir verlassen das Hostel noch einmal. Vom Hostel spazieren wir zur Via Maqueda, die nach wie vor von zahlreichen Fußgängern bevölkert ist. Wir gesellen uns dazu und gelangen so erneut zum Teatro Massimo, wo einige Straßenkünstler ihr Publikum unterhalten. Auch wir betrachten die Szenerie eine Weile, werden aber schließlich von einer Eisdiele magisch angezogen, bei der wir uns zum Abschluss des Tages Brioche con Gelato gönnen. Dafür wird ein frisches Milchbrötchen aufgeschnitten und großzügig mit den gewünschten Eissorten gefüllt – die traditionelle sizilianische Darreichungsform für Eis. Erschöpft und zufrieden kehren wir spät am Abend zum Hostel zurück, wo wir müde auf unsere Betten fallen.
Am nächsten Tag an den Katakomben |
Am nächsten Tag schlafen wir aus und checken nach einem ausgiebigen Frühstück aus dem Hostel aus. Dabei kommen wir nicht umhin, den winzigen dafür aber über einhundert Jahre alten Aufzug im Treppenhaus des Hostels zu inspizieren. Unser erster Weg an diesem Tag führt uns zum ehemaligen Kapuzinerkloster Palermos. Berühmt ist die Anlage außerhalb der historischen Stadtmauern vor allem für ihre Katakomben, die Catacombe dei Cappuccini.
Beim Palazzo dei Normanni |
Dort liegen einige Hundert teils hervorragend erhaltene Mumien vor allem aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Fotografieren ist in den Katakomben leider verboten, der Besuch ist jedoch ein beeindruckendes Erlebnis. Nur wenige Meter unter der Erde erstrecken sich schummrige Gänge aus dem typischen Tuffstein Siziliens. Die gesamten Wände sind von Nischen und Simsen bedeckt, in und auf denen unzählige Mumien drapiert sind.
Innenhof des Palazzo |
Es gibt verschiedene Bereiche für Männer, Frauen, Kinder, Mönche und bestimmte Berufsstände. Teils sind die Mumien in gutem Zustand, die altertümliche Kleidung lässt sich ebenso erkennen wie die Gesichtszüge der Verstorbenen. Andere Mumien hingegen sind stark beschädigt und ihre Knochen werden nur noch von Holz- oder Drahtgestellen in Position gehalten.
Capella Palatina |
Die wohl beeindruckendste Mumie ist die der zweijährigen Rosalia Lombardo, die weithin als die schönste Mumie der Welt gilt. In ihrem Glassarkophag sieht sie tatsächlich aus als schliefe sie nur. Von den Katakomben ist es nicht allzu weit bis zum Palazzo dei Normanni, vor dessen Eingang sich bereits eine lange Warteschlange gebildet hat.
Ein weiteres Mal auf dem Mercato di Ballarò |
Wir überlegen kurz, auf die Besichtigung zu verzichten, doch die Beschreibung klingt zu interessant. Als wir endlich im Inneren sind, werden wir tatsächlich nicht enttäuscht. Nicht nur die Innenausstattung der ehemaligen königlichen Gemächer ist sehenswert. Ein besonderes Highlight ist die Cappella Palatina mit ihrem reichen Schmuck aus edlen Hölzern und Gold.
Spaziergang durch die Altstadt |
Es ist bereits später Nachmittag, als wir den Palast wieder verlassen. Wir statten dem Mercato di Ballarò einen weiteren Besuch ab und probieren dort einige Sorten überbackenen Ricottas. Anschließend brechen wir zu einem ausgiebigen und recht ziellosen Spaziergang durch die Altstadtviertel Kalsa und Albergheria auf.
Brioche con Gelato und Espresso zum Abschluss |
Dieser Spaziergang führt uns am Ende wieder zum Hafen von Palermo. In einem kleinen Park am Meer setzen wir uns und genießen eine Weile den warmen Sonnenschein und den Blick auf das tiefblaue Mittelmeer. Über den Corso Vittorio Emanuele gelangen wir zurück in die Altstadt. Wir nutzen den restlichen Nachmittag noch für einen Abstecher in die Neustadt, die abgesehen vom Teatro Politeama jedoch keine nennenswerten Attraktionen bereithält. Nachdem wir bei einer Eisdiele noch einmal Brioche con Gelato genossen haben, kehren wir schließlich schweren Herzens zum Hauptbahnhof zurück von wo der Bus zum Flughafen abfährt. Am späten Abend sitzen wir dann im Flugzeug zurück nach Deutschland – wieder einmal ist ein viel zu kurzes Reisewochenende vorbei.