Schon seit wir 2009 Rumänien bereist hatten, spukte uns der Gedanke im Kopf herum, auch den kleinen Nachbarn Moldawien zu besuchen. Im Winter 2013 bot sich überraschend die Möglichkeit zumindest ein Wochenende dort zu verbringen.
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Stadtzentrum von Otopeni |
Schnell zeigt sich, dass ein Direktflug in die moldawische Hauptstadt Chișinău aus organisatorischen Gründen nicht machbar sein würde. Stattdessen gelingt es uns aber, billige Flüge in die rumänische Hauptstadt Bukarest zu buchen. Von Bukarest wiederum buchen wir einen ebenso günstigen Flug nach Chișinău. Für die Rückreise von Chișinău nach Bukarest entscheiden wir uns für den Nachtzug, der mehr Komfort verspricht und zeitlich besser in unsere Planung passt.
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Flughafen Otopeni am nächsten Morgen |
Am 06.12.2013 geht es schließlich los. Von Dortmund aus starten wir mit leichter Verspätung Richtung Rumänien. Bedingt durch den unpünktlichen Flug ist es bei unserer Landung schon deutlich später als geplant. Statt noch in die Innenstadt von Bukarest zu fahren, beschließen wir in Otopeni zu übernachten, einem kleinen Städtchen direkt beim Flughafen. Früh morgens schon werden wir dann nach Chișinău weiterfliegen.
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In der Propellermaschine nach Chișinău |
Direkt im Zentrum von Otopeni finden wir ein Hostel und lassen uns ein Zimmer geben. Nach einem raschen Streifzug durch den Ort beschließen wir, dass die Trattoria im Obergeschoss des Hostels die vielversprechendste Essensgelegenheit ist. Wir genehmigen uns eine Pizza und ein Glas Wein, dann gehen wir auch schon schlafen.
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Moldawischer Einreisestempel |
Am nächsten Morgen sind wir bereits früh auf den Beinen und stellen erfreut fest, dass der Flughafentransfer vom Hostel kostenlos ist. Am Flughafen haben wir gerade genug Zeit für einen Kaffee, dann beginnt auch schon das Boarding für unseren Flug. Erst im Shuttelbus auf dem Weg über das Rollfeld erkennen wir, dass wir mit einer 30-sitzigen Propellermaschine fliegen werden.
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Eingang zum Hostel |
Der Flug vergeht schnell und bei wolkenfreiem Himmel bietet sich eine erste Gelegenheit für einen Blick auf die moldawische Landschaft. Die offizielle Einreise am Flughafen Chișinău geht ebenfalls zügig von statten und wenig später sitzen wir schon im Bus in Richtung Innenstadt. Von der Bushaltestelle im Stadtzentrum schlendern wir den Bulevardul Ștefan cel Mare hinauf. Etwas versteckt im Innenhof einer Seitenstraße finden wir das Hostel Retro Moldova, wo wir ein Zimmer reserviert hatten.
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Im Bus nach Orheiul Vechi |
Es ist bereits früher Nachmittag und eigentlich wollen wir heute noch zum Höhlenkloster Orheiul Vechi, das als eine der herausragenden Sehenswürdigkeiten von Moldawien gilt. Also legen wir im Hostel nur schnell das Gepäck ab und lassen uns den Weg zum Busbahnhof beschreiben, von dem ein Kleinbus in Richtung des Klosters fahren soll. Am Busbahnhof fragen wir uns zum richtigen Bus durch und bald sitzen wir in einer vollgepackten Maschrutka, wie die Minibusse von der Größe eines Mercedes Sprinters genannt werden.
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Ankunft in Orheiul Vechi |
Während in Chișinău strahlender Sonnenschein herrschte, nimmt die Bewölkung zu je näher wir Orheiul Veche kommen. Als der Fahrer uns auf einem Parkplatz zu Fuße des Klosters aussteigen lässt, liegt sogar Schnee. Der Komplex Orheiul Vechi umfasst neben dem Höhlenkloster auch ein historisches Dorf. Wir folgen dem beschilderten Rundgang und durchstreifen zunächst das Dorf, bevor wir zum Kloster hinaufklettern. Die Lage ist malerisch. Wir befinden uns in einem weitläufigen Flusstal, das in seiner Mitte von einem Bergkamm durchschnitten wird. Linker Hand des Kamms erstreckt sich das historische Dorf, rechts fällt der Berg steil zum Ufer des Răut-Flusses hin ab. Auf dem höchsten Punkt des Bergkamms steht das Kloster.
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Blick über Orheiul Vechi und den Răut-Fluss |
Wir werfen einen Blick hinter die Klostermauern, finden die Gebäude aber verschlossen vor. Ein Stück unterhalb des Klosters ragt ein Glockenturm empor, der den Einstieg zu den Höhlen markiert. Hinter einer schweren Eisentür führt eine flache Treppe in den Berg.
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...und Hinterausgang des Höhlenklosters |
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Klosterkirche... |
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...unterirdische Mönchszellen... |
Am Ende der Treppe befindet sich ein kleiner Saal, dessen eine Seite von einer Kapelle ausgefüllt wird. Auf der anderen Seite führt ein schmaler Gang zu den ehemaligen Mönchszellen. Unter den wachsamen Augen eines alten Mönchs sehen wir uns um.
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Triumphbogen in Chișinău |
Gerade als wir die Höhle wieder verlassen wollen, führt er uns noch zu einer weiteren Tür, die wir zuvor nicht bemerkt hatten. Sie führt nach draußen auf einen schmalen Felsvorsprung oberhalb des Flusses, von dem man eine grandiose Aussicht hat. Nachdem wir das Kloster wieder verlassen haben spazieren wir noch ein wenig durch das Dorf, bevor wir zu der Bushaltestelle zurückkehren um noch den letzten Bus nach Chișinău zu erreichen.
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Schlemmen auf Moldawisch |
Erst nach Einbruch der Dunkelheit sind wir in der Hauptstadt zurück. Uns war die Restaurantkette La Plăcinte wegen des traditonellen Essens empfohlen worden. Auf dem Weg zur nächstgelegenen Filiale spazieren wir ein weiteres Mal den nun hell erleuchteten Bulevardul Ștefan cel Mare entlang, bestaunen den hübsch illuminierten Triumphbogen (Arcul de Triumf) und die dahinter liegende moldawisch-orthodoxe Kathedrale der Geburt des Herrn (Catedrala Nașterea Domnului). Nach einem deftigen Abendessen sind wir schließlich spät abends im Hostel zurück.
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Auf dem jüdischen Friedhof |
Am nächsten Morgen stehen wir schon früh auf und verlassen das Hostel nach einem raschen Frühstück um endlich Chișinău zu erkunden. Erstes Ziel des Tages soll der außerhalb gelegene jüdische Friedhof (Cimitirul Evreiesc) werden. Einst war Chișinău eines der Zentren jüdischen Lebens im damaligen Russischen Reich.
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Überwucherte Gräber |
Heutzutage erinnert kaum mehr als die schiere Größe des Friedhofs daran. Unzählige Gräber in allen Stadien des Verfalls erstrecken sich hinter der hohen Friedhofsmauer. Wir streifen eine Zeit lang durch die überwucherten Wege und lauschen dem unheimlichen Knarren der Bäume im stürmischen Wind – eine Kulisse wie aus einem Horrorfilm. Obwohl wir bei weitem nicht das gesamte Areal erkundet haben, gehen wir schließlich in die Innenstadt zurück.
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Triumphbogen und Kathedrale |
Im Parcul Ştefan cel Mare, dem Stadtpark, betrachten wir die Büsten der auf der Allee der moldawischen Literaten verewigten Dichter sowie das nahegelegene Standbild des moldawischen Nationalhelden Stefan des Großen (Ștefan cel Mare și Sfînt). Schräg gegenüber befindet sich ein weiterer Park, der Parcul Catedralei. In seiner Mitte steht die Kathedrale der Geburt des Herrn, welche wir gestern Abend schon betrachtet hatten. Wir nutzen die Gelegenheit und sehen uns nun auch das prunkvolle Innere an. Weiter spazieren wir zum zentralen Markt, der Piaţa Centrală. Auf dem unüberschaubaren Gelände reihen sich die Marktstände dicht an dicht. Von Gemüse über Milchprodukte, Haushaltsgeräte bis hin zu Kleidung ist hier der gesamte tägliche Bedarf abgedeckt. Es kostet einige Zeit uns durch die schmalen und überlaufenen Gassen zwischen den Marktständen zu quetschen.
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Bekleidung... |
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...Getreide auf dem Markt |
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...Milchprodukte... |
Als wir den Markt verlassen haben zeigt ein Blick auf die Uhr, dass wir es gerade noch zum stündlichen Wachwechsel im Complexul Memorial Eternitate schaffen könnten, dem Mahnmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs. Tatsächlich beginnt die Zeremonie gerade als wir den Park erreichen.
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Bahnhof von Chișinău |
Zurück in der Innenstadt haben wir gerade noch Zeit ein weiteres Mal in einer der La Plăcinte-Filialen Essen zu gehen. Schon am späten Nachmittag fährt unser Nachtzug nach Bukarest ab. Vom Restaurant aus ist es nur ein kurzer Fußweg zum Bahnhof, wo der Zug schon bereit steht.
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Unser Abteil im Nachtzug |
Obwohl wir nur ein Ticket in der zweiten Klasse gebucht hatten, bedeutet uns der Schaffner, dass wir in einem Abteil der Ersten Klasse unsere Betten hätten. Wir geben uns mit dieser Wendung der Dinge gerne zufrieden und machen es uns gemütlich. Während die Sonne langsam am Horizont versinkt, fahren wir in gemächlichem Tempo auf die moldawisch-rumänische Grenze zu. Gegen 21 Uhr erreichen wir den Grenzort Ungheni.
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In der Umspuranlage Ungheni |
Die Ausreisekontrollen gehen schleppend voran, nicht zuletzt weil alle Reisenden einer, wenn auch reichlich oberflächlichen, ärztlichen Untersuchung unterzogen werden. Während der Zoll noch die Reisenden kontrolliert, werden die Waggons zur Umspuranlage rangiert. In Moldawien sind die Schienen in russischer Spurweite verlegt, während in Rumänien die europäische Normalspur verwendet wird. Einzeln werden alle Waggons zu Hebebühnen gefahren, wo dann die Radsätze getauscht werden. Die ganze Aktion geht erstaunlich schnell von statten und bereits eine knappe Stunde später haben wir die Grenze passiert und bringen auch die rumänischen Einreiseformalitäten hinter uns. Endlich können wir uns schlafen legen.
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Sonnenaufgang bei der Ankunft in Bukarest |
Am nächsten Morgen fahren wir pünktlich um sechs Uhr morgens im Bahnhof București Nord ein. Unser Flieger zurück nach Deutschland wird am frühen Nachmittag abheben, also frühstücken wir nur rasch am Bahnhof, dann brechen wir rechtzeitig zum Sonnenaufgang zu Fuß in die Innenstadt auf. Wir genießen die zu früher Stunde noch fast menschenleere Stadt und erkennen immer neue Gebäude wieder, an denen wir schon bei unserem letzten Aufenthalt vor vier Jahren vorbeigekommen sind. Schließlich kehren wir schweren Herzens zum Bahnhof zurück, von wo wir zum Flughafen fahren.