Im Sommer hatten wir unsere Balkanreise in Budapest abbrechen müssen. Also planten wir nun, das von der Reiseversicherung erstattete Geld für eine Silvesterreise zu nutzen. Das Ziel dieser Reise war ziemlich schnell klar: Wir wollten wieder nach Osteuropa. Da wir diesmal nicht viel Zeit hatten, wollten wir allerdings nicht allzu weit weg fahren. Relativ schnell einigten wir uns daher auf Prag als Reiseziel. Möglicherweise wäre es auch bei Prag als einzigem Ziel geblieben. Doch das Wälzen der Kursbücher brachte eine interessante Erkenntnis: es gibt eine Direktverbindung zwischen Prag und Warschau und zwischen Warschau und Berlin…
Die Puzzleteile ließen sich natürlich nur auf eine Weise sinnvoll zusammensetzen: Abfahrt von Deutschland nach Prag direkt nach den Weihnachtsfeiertagen. Anschließend Weiterfahrt von Prag nach Warschau. Die Silvesternacht planten wir in Berlin zu verbringen, von wo es am Neujahrstag nach Hause zurückgehen sollte.
Die Puzzleteile ließen sich natürlich nur auf eine Weise sinnvoll zusammensetzen: Abfahrt von Deutschland nach Prag direkt nach den Weihnachtsfeiertagen. Anschließend Weiterfahrt von Prag nach Warschau. Die Silvesternacht planten wir in Berlin zu verbringen, von wo es am Neujahrstag nach Hause zurückgehen sollte.
Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter ODbL |
Mitte November beginnen wir mit den Buchungen, da wir fürchten, dass die Hostels in den Weihnachtsferien ausgebucht sein könnten. Relativ schnell sind alle Hostelreservierungen gemacht. Für die Rückfahrt von Berlin können wir sogar ein günstiges ICE-Angebot am Neujahrstag buchen. Problematischer ist jedoch die Buchung der Verbindung Prag – Warschau. Obwohl laut Kursbuch ein Direktzug auf dieser Strecke verkehrt, wird uns im DB-Center mitgeteilt, dass dieser Zug gestrichen worden sei. Am Ende können wir immerhin eine Umsteigeverbindung buchen. Um 2 Uhr morgens müssen wir von Prag kommend im Grenzort Ostrava in einen Zug nach Warschau wechseln.
Tag 1: Anfahrt nach Prag
Am 27.12.2008 geht es um vier Uhr morgens los. Wie bereits bei der Rückfahrt von Prag bei unserer ersten Interrailreise, nutzen wir auch diesmal ein Schönes-Wochenende-Ticket. Auf der Strecke Köln - Koblenz - Mainz - Aschaffenburg - Würzburg geht es mit Regionalverkehr nach Nürnberg, das wir am frühen Nachmittag erreichen.
Expresszug Nürnberg - Prag |
Mit mehr Glück als Verstand bekommen wir in Nürnberg sogar noch den Direktzug nach Prag. Dieser Zug fährt nur einmal täglich und stellt mithin die schnellste Verbindung zwischen Nürnberg und Prag dar. Müde sinken wir in einem leeren Abteil auf die Sitze. Während es draußen langsam dunkel wird, überquert der Zug die deutsch-tschechische Grenze und fährt bald darauf durch Pilsen. Am frühen Abend erreichen wir dann Prag. War es in der Heimat schon frisch, so ist es hier eisig.
Unser Hostel in Prag |
Im Vorbeigehen betrachten wir erstaunt die Fortschritte, die die Renovierung des Prager Bahnhofs seit unserem letzten Aufenthalt gemacht hat. Priorität hat jedoch die Suche nach dem reservierten Hostel, das wir erfreulicherweise schnell finden. Überrascht sind wir von der Architektur unseres Zimmers. Offenbar wurde ein größerer Raum durch Einziehen einer Rigipswand in zwei Kleinere aufgeteilt. Sowohl das große Fenster als auch den Heizkörper teilen wir uns mit dem Nebenraum. Wir lassen es dabei bewenden und beschließen, noch einen Gang in die Stadt zu unternehmen.
Abends an der Moldau |
Der Weg vom Hostel in die Altstadt ist nicht weit und so stehen wir kurz darauf auch schon an der Karlsbrücke. Obwohl der Anblick der Brücke im Dunklen dank der ausgefeilten Beleuchtung wirklich märchenhaft ist, bleiben wir nicht allzu lange, denn direkt an der Moldau weht ein eisiger Wind.
Da es noch zu früh ist, um schon ins Hostel zurückzukehren, verbringen wir den restlichen Abend auf dem Altstädter Ring, dem Platz zwischen Teynkirche und altem Rathaus. Dort ist ein gemütlicher kleiner Weihnachtsmarkt aufgebaut.
Da es noch zu früh ist, um schon ins Hostel zurückzukehren, verbringen wir den restlichen Abend auf dem Altstädter Ring, dem Platz zwischen Teynkirche und altem Rathaus. Dort ist ein gemütlicher kleiner Weihnachtsmarkt aufgebaut.
Weihnachtsmarkt auf dem Altstädter Ring |
Neben diversen Leckereien gibt es auch mehrere Schmiede, die dort ihre Stände aufgebaut haben und passend zum historischen Ambiente ihrem Handwerk nachgehen. Bei einem dieser Schmiede bleiben wir schließlich stehen. Es ist nicht nur interessant dem Mann zuzusehen, in der Nähe des Schmiedefeuers ist es auch etwas wärmer. Nach einiger Zeit wird es uns trotzdem zu kalt und wir beschließen, ins Hostel zurückzukehren. Vorher gönnen wir uns auf dem Weihnachtsmarkt zum Abendessen noch zwei Portionen Langoše, einen frittierten Teigfladen, der mit Knoblauch, Sauerrahm und geriebenem Käse gegessen wird. Im Hostel zurück fallen wir müde auf unsere Betten. Im Zimmer ist es unerträglich warm, die Heizung läuft auf Hochtouren. Ändern können wir daran jedoch nichts, das Thermostat der Heizung ist im Nachbarraum. Vielleicht wegen der Wärme oder aber wegen des langen Tages, jedenfalls schlafen wir beide unisono ein, kaum dass wir das Licht ausgeschaltet haben.
Tag 2 & 3: Besichtigung von Prag
Der frühe Schlaf macht sich am nächsten Morgen bezahlt. Bereits gegen acht Uhr sind wir ausgeschlafen und wieder unterwegs durch Prag. Zu unserer großen Freude ist es immer noch sonnig draußen, allerdings auch mindestens genauso eisig wie tags zuvor.
Hinterhof des Agnes-Klosters |
Das erste Ziel des Tages ist das berühmte Jüdische Viertel Prags. Doch zunächst einmal spazieren wir ein gutes Stück an der Moldau entlang. Unter anderem kommen wir am Agnes-Kloster vorbei und passieren später auch noch einen Teil der Prager Universität. Und dann sind wir unversehens schon im Jüdischen Viertel angelangt. Wohl wegen der frühen Uhrzeit ist noch wenig los und die Warteschlange vor dem Ticketschalter für den Jüdischen Friedhof und die Synagogen des Jüdischen Viertels ist noch kurz. Zuerst besichtigen wir den Friedhof. Am Eingang kaufen wir noch ein zusätzliches Fototicket um unsere Eindrücke auch fotografisch festhalten zu können, denn eine rein verbale Beschreibung fällt schwer. In wilder Unordnung reihen, türmen und stapeln sich hebräisch beschriftete Grabsteine jeder Form, Farbe und jeden Verwitterungszustands auf dem verhältnismäßig kleinen Areal. Aber Bilder sagen mehr als tausend Worte:
Auf dem... |
...in Prag |
...alten jüdischen Friedhof... |
Anschließend besichtigen wir die verschiedenen Synagogen des Jüdischen Viertels. Besonders beeindrucken uns die mittelalterliche Altneu-Synagoge und die reich geschmückte Spanische Synagoge. Am Ende sind wir überrascht, wie viel Zeit wir im Jüdischen Viertel verbracht haben.
Astronomische Uhr |
Nach einem kurzen Abstecher zum nahegelegenen Altstädter Ring mit dem Rathausturm, der Teynkirche und der Astronomischen Uhr, schlendern wir durch die gemütlichen Gassen der Altstadt. Nächstes Ziel ist der Hradschin, der Prager Burgberg. Vorher jedoch genießen wir erst einmal den Gang über die Karlsbrücke, auch wenn grade leider ein Teil der Brücke unter einem Baugerüst versteckt ist. Natürlich versäumen wir es auch nicht, die Plakette der Nepomuk-Statue zu berühren – unter anderem soll dies eine Rückkehr nach Prag verheißen.
Vor dem Veitsdom |
Auf der anderen Seite der Moldau angekommen, folgen wir dem Strom der Touristen den Burgberg hinauf. Von dort oben eröffnet sich uns nicht nur ein fabelhafter Blick über Prag, sondern auch ein mindestens ebenso beeindruckender Blick auf den Veitsdom. Lediglich die lange Warteschlange vor dem Ticketschalter hält uns von einer sofortigen Besichtigung des Bauwerks ab; stattdessen erkunden wir zunächst den restlichen Burgberg. Doch auch für den Eintritt zum ehemaligen Königspalast, der durch den Prager Fenstersturz Berühmtheit erlangte, wird ein Ticket gefordert, das zusammen mit dem Ticket für den Dom erworben werden muss.
Aussicht von der Karlsbrücke |
Nach einem Blick auf die dritte große Attraktion des Hradschin, das ebenfalls ticketpflichtige mittelalterliche Goldgässchen, beschließen wir, die Besichtigung der drei Attraktionen auf den morgigen Tag zu verschieben. Heute wandern wir stattdessen langsam den Burgberg wieder hinunter und genießen in der anbrechenden Dämmerung noch einmal den Blick von der Karlsbrücke. Den restlichen Abend schlendern wir durch die gemütlichen Gassen der Altstadt, bevor wir am Ende erneut über den Weihnachtsmarkt am Altstädter Ring gehen.
Beim Naschen vom "Trdlo" |
Dort probieren wir Trdlo, eine Art süßen Kuchen. Über einem Kohlefeuer wird ein dünner Teigfaden Lage an Lage um ein Rundholz gewickelt und gebacken. Anschließend wird das Gebäck mit immer neuen Schichten Zucker und Nusssplittern überzogen und am Ende von dem Rundholz abgezogen. Das Ergebnis ist nicht nur überaus lecker, sondern auch extrem süß und sättigend. Als wir dann spät abends zurück in unserem Zimmer im Hostel sind, sind wir froh, die Schuhe ausziehen zu können. Das Laufen auf dem unebenen Kopfsteinpflaster erweist sich als überaus strapaziös für unsere Füße. Trotzdem sind wir am Ende des Tages sehr zufrieden. Nicht nur, dass wir viel gesehen haben, wir liegen auch gut in der Zeit. Unser Kalkül, alle wichtigen Prager Sehenswürdigkeiten am Ende des morgigen Tages gesehen zu haben, scheint aufzugehen.
Blick auf den Hradschin, den Prager Burgberg |
Nach einer erholsamen Nacht sind wir am nächsten Morgen wieder sehr früh wach. Auch heute begrüßt uns der Morgen mit Sonnenschein, allerdings scheinen die ohnehin niedrigen Temperaturen noch einmal gesunken zu sein. Schnell checken wir im Hostel aus; unser Gepäck können wir erfreulicherweise bis zum Abend dort lassen.
Der Veitsdom von Innen |
Da es für die Besichtigung des Hradschins sogar noch zu früh ist, beschließen wir, erneut einen kleinen Spaziergang an der Moldau entlang zu unternehmen und noch eine angeblich sehenswerte Kirche außerhalb der Altstadt zu besichtigen. Wirklich begeistert sind wir dann zwar nicht, aber das wichtigste Ziel des Tages lockt ja noch. Auf dem Burgberg angekommen ist die Schlange vor dem Ticketschalter noch angenehm kurz und schnell halten wir ein Kombiticket für alle wichtigen Sehenswürdigkeiten in den Händen. Lediglich das Ticket für das Goldgässchen müssen wir später separat erwerben. Pünktlich zur Öffnung des Veitsdoms stellen wir uns in die Warteschlange vor dem Portal und sind kurze Zeit später im Inneren des bemerkenswerten Bauwerks. Dort begeistert uns die gotische Architektur; besonders angetan sind wir auch von den Kirchenfenstern, die im strahlenden Sonnenschein regelrecht leuchten.
Im alten Königspalast |
Während immer mehr Reisegruppen und Touristen in den Dom drängen, brechen wir wieder auf. Wir wollen schließlich noch die restlichen Sehenswürdigkeiten des Hradschins erkunden. Den nächsten Halt legen wir im alten Königspalast ein, den wir jedoch nur teilweise besichtigen können. Grund sind wieder einmal Bauarbeiten. Offenbar werden die Holzböden des Gebäudes erneuert, so dass auch die Teile, die man besichtigen darf eher wie eine Baustelle wirken. Etwas frustriert verlassen wir den Palast wieder. Auch die St. Georgs-Basilika, mit ihrer roten Fassade ein Blickfang, ist im Inneren eher enttäuschend. Von den einst reichen Wandmalereien sind nur ein paar Fragmente übrig.
Das Goldgässchen |
Das Goldgässchen, das wir als nächstes besuchen, begeistert uns dafür. Direkt an die ehemalige Stadtmauer schmiegen sich kleine mittelalterliche Häuschen. Die Szenerie sieht tatsächlich so aus, wie sie in der Erzählung vom Golem beschrieben wird. Im Erdgeschoss der Häuschen befinden sich meist Souvenirshops. Im Obergeschoss hingegen, das zugleich den ehemaligen Wehrgang der Stadtmauer bildet, befindet sich ein durchgehender Korridor, der vollgestopft ist mit diversen historischen Exponaten.
Die angeblich schmalste Gasse der Welt |
Obwohl es auf dem Burgberg viel zu sehen gibt, sind wir bereits am frühen Nachmittag mit der Besichtigung fertig und ärgern uns ein wenig, dass wir uns dermaßen beeilt haben. Da unser Nachtzug erst gegen 21 Uhr abfahren wird, beschließen wir den restlichen Nachmittag für einen weiteren Spaziergang an der Moldau zu nutzen. Eher zufällig finden wir dabei auch die angeblich schmalste Gasse der Welt. Sie verbindet die Uferstraße mit der flussseitigen Terrasse eines Restaurants. Die Gasse ist dabei so schmal, dass eine Ampel installiert wurde, da noch nicht einmal zwei Menschen nebeneinander hindurchpassen würden.
Die Karlsbrücke - Wahrzeichen Prags |
Weiter folgen wir dem Uferweg unter dem ersten Brückenbogen der Karlsbrücke hindurch zu einem kleinen aber hübschen Park. Direkt an den Park schließt sich der Aufgang zur nächsten Moldaubrücke an. In der Mitte des Flusses liegt hier eine kleine Insel, die ebenfalls über diese Brücke zu erreichen ist. Von der Spitze des kleinen Eilands hat man einen fabelhaften Blick auf die Karlsbrücke; allerdings weht auch hier wieder ein eisiger Wind, so dass wir schnell zurück ans Ufer der Moldau wechseln. Zusehends verlassen wir die touristischen Areale Prags und da sich mittlerweile auch unsere müden Füße und die Kälte nicht mehr ignorieren lassen, machen wir uns langsam auf den Weg zurück in die Altstadt.
Ein letztes Mal auf dem Weihnachtsmarkt |
Am frühen Abend kommen wir nach unserem langen Spaziergang schließlich auf dem zentralen Platz vor dem Prager Naturkundemuseum aus. Hier werden bereits die Vorbereitungen für die Silvesterparty getroffen. Gestärkt von einer weiteren Portion Langoše gehen wir noch einmal auf den Weihnachtsmarkt auf dem Altstädter Ring. Nachdem wir ein wenig das Bühnenprogramm und das Ambiente des Weihnachtsmarktes genossen haben, holen wir schließlich unser Gepäck vom Hostel.
Pünktlich sind wir anschließend am Prager Hauptbahnhof, unser Nachtzug wird kurz darauf bereitgestellt. Da der Zug fast leer ist, als wir gegen 21 Uhr aus dem Bahnhof ausfahren, machen wir es uns auf den breiten Sitzbänken bequem. Das Abteil ist gut geheizt, lediglich der von der Lüftung ins Abteil geblasene Geruch nach Kohlefeuer erinnert an die Kälte draußen. Offenbar ist in Tschechien das Heizen mit Kohle noch weit verbreitet.
Pünktlich sind wir anschließend am Prager Hauptbahnhof, unser Nachtzug wird kurz darauf bereitgestellt. Da der Zug fast leer ist, als wir gegen 21 Uhr aus dem Bahnhof ausfahren, machen wir es uns auf den breiten Sitzbänken bequem. Das Abteil ist gut geheizt, lediglich der von der Lüftung ins Abteil geblasene Geruch nach Kohlefeuer erinnert an die Kälte draußen. Offenbar ist in Tschechien das Heizen mit Kohle noch weit verbreitet.
Im Nachtzug nach Ostrava |
Gegen ein Uhr in der Frühe klingelt unser Wecker und reißt uns unsanft aus dem Schlaf. Der Zug fährt immer noch in fast totaler Finsternis durch die Winternacht, die Einfahrt in Ostrava steht jedoch kurz bevor. Eine Station vor Ostrava halten wir noch einmal und ein Teil der Waggons unseres Zuges wird abgekoppelt und auf dem Nachbargleis abgestellt. Seltsamerweise besagt die Zugbeschilderung, dass dieser Zugteil nach Warschau fahren soll. Insgeheim verfluchen wir die schlechte Beratung im DB-Reisezentrum, offenbar hätten wir uns das nächtliche Umsteigen in Ostrava doch sparen können.
Anzeigetafel im Bahnhof Ostrava |
Wenig später erreichen wir Ostrava. Unser Waggon wird laut der Zugbeschilderung nun nach Weißrussland weiterfahren. Wir hingegen stehen mit einer kleinen Gruppe Reisender am Bahnsteig in Ostrava. Wie die anderen Reisenden auch, fliehen wir schnell in das Bahnhofsgebäude, das immerhin ein wenig geheizt ist, denn draußen ist es klirrend kalt.
Warten auf den Anschlusszug nach Warschau |
Im Inneren des Gebäudes müssen wir dann erschrocken feststellen, dass unser Anschlusszug nach Warschau bereits jetzt mit 90 Minuten Verspätung angezeigt wird. Kurz gesagt: es wird eine lange Nacht. Die angezeigte Verspätung wächst immer weiter, erst gegen vier Uhr morgens fährt unser Zug ein, Grund für die Verspätung waren offenbar eingefrorene Weichen. Durchgefroren und müde nehmen wir schließlich im überfüllten Zug nach Warschau Platz und versuchen noch eine klein wenig Schlaf zu bekommen. Gegen zehn Uhr erreichen wir am nächsten Morgen endlich mit mehr als drei Stunden Verspätung Warschau Zachodnia.
Tag 4: Besichtigung von Warschau
Ankunft in Warschau-Zachodnia |
Der Bahnhof Zachodnia liegt etwas außerhalb der Innenstadt, eine direkte Verbindung zum Hauptbahnhof Warschau Centralna gibt es nicht. Also machen wir uns zu Fuß auf den Weg. Zunächst müssen wir durch eine äußerst unangenehme Unterführung, in der sich Kiosks und zwielichtige Kneipen mit suspektem Publikum aneinanderreihen. Da wir uns mit unserem auffälligen Gepäck ständig beobachtet fühlen, sind wir froh, als wir die Unterführung hinter uns haben.
Der Kulturpalast |
Der Weg in die Innenstadt ist glücklicherweise nicht allzu weit. Das erste, was uns dort auffällt ist der beeindruckende Kulturpalast. 230 Meter hoch ist das im Zuckerbäckerstil errichtete Gebäude, das architektonisch an die so genannten Seven Sisters in Moskau angelehnt ist. In Moskau mögen diese Prachtbauten aus der Stalinära besser ins Stadtbild passen, in Warschau allerdings überragt der Kulturpalast jedes andere Gebäude und wirkt protzig. Besonders viel Aufmerksamkeit schenken wir dem Bauwerk vorerst ohnehin nicht, denn als erstes wollen wir zum Hostel, um das Gepäck abzulegen.
Innenhof des Hostels |
Überrascht stellen wir dort fest, dass es sich bei dem Hostel um den Gebäudeflügel eines Internats handelt. Der andere Flügel des um einen ausladenden Innenhof gebauten Komplexes wird aber offenbar weiterhin als Mädchenschule genutzt. Schnell haben wir unser Zimmer in dem schön restaurierten Jugendstilbau bezogen und brechen zur Besichtigung Warschaus auf. Durch die Verspätung des Nachtzuges haben wir mehr Zeit verloren als uns lieb ist.
Eingang zur Warschauer Altstadt |
Bei strahlendem Sonnenschein und klirrender Kälte schlendern wir zunächst durch das Botschaftsviertel und anschließend an den Gebäuden der Universität vorbei. Unser eigentliches Ziel ist die nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs rekonstruierte Altstadt. Diese schließt sich direkt an die Prachtstraße an, an der auch die Universitätsgebäude liegen. Schon von Weitem markiert die Sigismundsäule den Beginn der Altstadt. Die Häuser hier sind weniger gedrungen als die in Prag, die Straßen breiter. Trotzdem ist es eine gemütliche Altstadt mit ganz eigenem Flair und wir sind froh, Warschau besucht zu haben.
Häuserzeile in der Altstadt |
Am frühen Nachmittag sind wir mit der Besichtigung der Altstadt fertig und beschließen, ins Hostel zurückzukehren um nach der anstrengenden Nacht eine kleine Rast einzulegen. Abends wollen wir dann noch einmal zu einer weiteren Besichtigungstour aufbrechen. Zurück im Hostel kommt es dann aber doch anders. Offenbar haben wir unsere eigene Erschöpfung unterschätzt, denn obwohl wir nur eine kleine Pause machen wollten, schlafen wir beide tief und fest ein. Wach werden wir erst gegen 21 Uhr, so dass wir auf eine weitere Besichtigungstour verzichten. Stattdessen gönnen wir unserem Körper die verdiente Erholung.
Tag 5: Aufbruch von Warschau & Silvester in Berlin
Am nächsten Morgen sind wir erneut früh auf den Beinen, wir wollen vor der Abfahrt des Berlin-Warschau-Express noch die Peripherie des Warschauer Hauptbahnhofs erkunden. Auf dem Weg dorthin können wir auch in Warschau die Vorbereitungen für die abendliche Silvesterfeier beobachten und dienen sogar als Statisten für die Fernsehaufzeichnung einer Wettervorhersage, die vor der Kulisse der Silvestervorbereitungen gedreht wird.
Shoppingmall am Bahnhof in Warschau |
Die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges verbringen wir schließlich in einer futuristisch gestalteten Shoppingmall direkt neben dem Bahnhofsgebäude. Gegen Mittag wird dann der Zug auf einem der unterirdischen Gleise des Bahnhofs bereitgestellt und die sechsstündige Fahrt nach Berlin beginnt.
Bahnhof Warszawa Centralna |
Kaum dort angekommen geht es umgehend nach Berlin-Lichterfelde weiter. Unser Hostel liegt direkt neben dem S-Bahnhof Osdorferstraße. Wir legen im Hostel nur schnell unser Gepäck ab, dann fahren wir wieder zurück in die Innenstadt. Da wir nicht genau wissen, wo in Berlin wir den Silvesterabend verbringen sollen, wollen wir frühzeitig vor Ort sein um die Lage zu sondieren. Nach einem ersten Blick auf die Umgebung des Brandenburger Tors und die bereits dort wartenden Menschenmenge, nehmen wir von der traditionellen Partymeile Abstand. Wir beschließen stattdessen, das große Feuerwerk von der anderen Seite des Brandenburger Tors aus zu betrachten. Dort, zwischen zwei großen Baustellen, ist es noch fast menschenleer.
Silvesterabend am Brandenburger Tor |
Um die Zeit bis Mitternacht zu überbrücken, spazieren wir noch ein wenig durch Berlin, machen mit der S-Bahn einen kleinen Abstecher zu den Hackeschen Märkten und zum Sony Center. Gegen 21 Uhr sind wir schließlich am Brandenburger Tor zurück. Das Warten in der eisigen Kälte wird zur echten Tortur. Zwischenzeitlich wärmen wir uns mit einem Glühwein von dem Stand ein paar Meter weiter oder gehen in ein nahe gelegenes, die ganze Silvesternacht über geöffnetes Souvenirgeschäft und tauen in dem gut geheizten Ladenlokal ein wenig auf.
Prosit Neujahr! |
Als das Feuerwerk um Mitternacht endlich beginnt und den Jahreswechsel verkündet sind wir wirklich froh. Denn egal wie atemberaubend das Feuerwerk vor dieser Kulisse auch ist, wir sind müde und durchgefroren. Auf den Straßen ist nach dem Feuerwerk erstaunlich wenig los, scheinbar ist es zum ausgiebigen Feiern im Freien zu kalt. Dementsprechend schnell sind wir zurück im Hostel, wo wir unter die warmen Decken schlüpfen. Erschöpft übermannt uns schließlich der Schlaf.
Tag 6: Rückfahrt
Blick auf das Holocaust-Mahnmal |
Morgens klingelt nach nur wenigen Stunden Schlaf der Wecker. Der ICE zurück nach Hause geht bereits um 10 Uhr. Nach der Fahrt zurück in die
Berliner Innenstadt und einem hastigen Frühstück in einem Stehcafé haben wir noch genügend Zeit, einen Blick auf das Holocaust-Mahnmal zu werfen, das im einsetzenden Schneefall nicht uninteressant aussieht. Während die Aufräumarbeiten rund ums Brandenburger Tor auf Hochtouren laufen, machen wir uns vom Mahnmal aus zu Fuß auf den Weg zum Hauptbahnhof. Ohne langes Warten können wir dort in den ICE steigen.
Im Zug ist es dann Zeit, die Reise zu resümieren. Gelohnt hat es sich auf jeden Fall, wieder hat uns Osteuropa begeistert. Ein Ausgleich für die abgebrochene Reise im letzten Sommer war es zwar nicht – aber im nächsten Sommer werden wir mit Sicherheit wieder in den Osten aufbrechen!
Im Zug ist es dann Zeit, die Reise zu resümieren. Gelohnt hat es sich auf jeden Fall, wieder hat uns Osteuropa begeistert. Ein Ausgleich für die abgebrochene Reise im letzten Sommer war es zwar nicht – aber im nächsten Sommer werden wir mit Sicherheit wieder in den Osten aufbrechen!